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Die Themen vom 14. Oktober 2001, 22.45 Uhr in Sat.1


Albtraum Atomterror
Kellerkind Zivilschutz
Terror - Made in Hollywood
Geisterfahrt auf der Rollbahn


Albtraum Atomterror

Katastrophenalarm im Atomkraftwerk Biblis: Eine radioaktive Wolke steigt auf und verseucht die Umgebung. Feuerwehr und Rettungsdienste sind im Einsatz. In diesem Fall nur ein Übungsszenario, vor wenigen Wochen in Südhessen. Angenommen wurde eine Panne. Harmlos im Vergleich zu den Folgen, die ein Anschlag auf ein Kernkraftwerk hätte. Wie groß ist das Risiko, dass Terrorflieger einen atomaren GAU auslösen, in dem Menschen den Strahlentod sterben und große Landstriche unbewohnbar werden?


http://www.cogemalahague.com

http://www.wise-paris.org

http://www.boku.ac.at/imp/envmet/nucrisk.html

http://www.ubavie.gv.at/umweltsituation/radio/riskmap/toc.htm




Die Kernkraft-Nation Frankreich demonstriert extreme Wachsamkeit. Nach den Terrorakten in Amerika sind ständig 10 Mirage-Kampfjets in höchster Alarmbereitschaft. In drei Minuten müssen die Jäger in der Luft sein. In zehn Minuten an möglichen Brennpunkten des Geschehens. Diese Luftwaffen-Bilder zeigen eine Abfangübung. So sollen Terrorflieger in gekaperten Maschinen gestellt werden. Frankreich muss 57 Atommeiler und Europas größte Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague sichern. Auch in Deutschland wächst die Sorge, um die 19 Atomkraftwerke. Bislang hat man, wie etwa hier vor drei Wochen bei Biblis immer nur kleinere Störfälle geprobt. Messtrupps stellen das Ausmaß radioaktiver Belastung im Umfeld des Reaktor fest. Mediziner untersuchen die Opfer und leiten erste Hilfe ein. Bei stark verstrahlten Personen könnten die Arzte nur noch mit Schmerzmitteln helfen. Andere müssten in Krankenhäuser gebracht werden. Eine Kernschmelze nach einem Terrorangriff auf einen Reaktor aus der Luft hatte man nicht im Kalkül.

Dieter Hahn, Reaktorsicherheitskommission: "Das haben wir bis jetz noch nicht untersucht weil wir das nicht unterstellt haben in der Vergangenheit. Es ist aber kaum vorstellbar das ein Kernkraftwerk so auslegen kann das es den Absturz eines schweren Jumbos, 300 Tonnen, dazu noch mit 100 Tonnen Kerosin an Bord, überstehen kann."

Wenn ein solches Desaster einträte, müssten Zivilschutz-Verantwortliche sofort über die Evakuierung kritisch verseuchter Gebiete entscheiden. In der roten Zone sterben die Menschen. Bei Südwind droht das ganze Rhein-Main-Gebiet unbewohnbar zu werden. Ein Alptraum, der überall in Mitteleuropa wahr werden könnte. Mycle Schneider, Gutachter des EU-Parlaments skizziert die neuen Risiken – vor allem im Blick auf die Atomfabrik in La Hague.

Mycle Schneider, WISE-Paris: "Das Drama, der Horror der New Yorker Ereignisse sind im Grundegenommen mit dem Zusammenstürzen dieser Gebäude vorbeigewesen in all ihrem Horror. Es hat unheimlich viel Tote gegeben etc. Bei einem Unfall oder einem derartigen Ereignis auf La Hauge würde das Drama erst zu diesem Zeitpunkt anfangen."

Die Antwort sind massiv verstärkte Sicherheitsvorkehrungen im Luftraum über Europa. Jede Sekunde zählt, wenn verdächtige Flugbewegungen registriert werden.

Dennoch zweifeln Experten, ob eine Terror-Maschine im dichten europäischen Flugverkehr wirklich rechtzeitig identifiziert werden kann. Ganz zu schweigen von der Vielzahl möglicher Ziele. In Deutschland wird über den Einsatz von Luftabwehrraketen wie Hawk und Roland diskutiert. Mobile Abschussrampen der Bundeswehr, hier beim Manöver auf Kreta, könnten bei Atomkraftwerken stationiert werden. Technisch kein Problem. Es gäbe für jede Distanz geeignete Abwehrwaffen. Doch die Regierung lehnt das ab – zu unsicher. Der Bundeswehrverband teilt diese Argumentation nicht ohne weiteres.

Oberst Bernhard Gertz, Bundesvorsitzender DBwV: "Es gibt bereits Einsatzformen solcher Systeme: Beispielsweise: Wird der Flughafen Zürich heute schon von solchen Systemen geschützt, die weitgehend vollautomatisiert betrieben werden können, also auch nicht erfordern das man eine große Anzahl von Soldaten oder sonstigen öffentlichen Bediensteten dort ebenfalls platziert soweit mir bekannt ist, wird das zur Zeit konkret überlegt u.a. auch im Verteidigungsausschuss des deutschen Bundestages."

Raketen gegen Passagierflugzeuge: Die Politik schreckt davor zurück. Auch wenn es in Deutschland einen Präzendensfall gibt.

Oberst Bernhard Gertz: "Es hat übrigens im Jahre 1972 während der olympische Spiele einmal einen Fall gegeben wo eine Maschine sich aus Stuttgart richtung München bewegt hat und man vermutet hat es sei ein Terroristischer Anschlag geplant und der damalige Verteidigungsminister Georg Leber hat nicht gezögert den Abschussbefehl zu erteilen es stellte sich aber dann heraus das dieses Flugziel zwar unangemeldet den Kurs gewechselt hatte das es sich aber nicht um eine terroristischen Anschlag handelte deswegen ist uns dieser Abschuss erspart geblieben."

Die Deutschen Kraftwerke galten bislang als relativ sicher. Bis zu 1 Meter 80 dick ist der Beton, der den Reaktorkern umgibt. Doch ältere Typen, wie Biblis bringen es nur auf 80 Zentimeter. Ein Crashtest der achtziger Jahre: Eine Phantom rast gegen eine zwei Meter dicke Mauer. Sie hält stand. Die Belastung eines Jumboaufpralls wäre weit höher. Daher gibt der Sicherheits-Experte Professor Eibl zu bedenken, ob nicht zusätzliche Beton-Hürden vor den Reaktoren helfen.

Prof. Josef Eibl, Gutachter für Bausicherheit:
„Wenn ich also von einer offenen Stelle mit dem Flugzeug anfliege und die hätte da nur eine 1,5 m Mauer davor dann wird der zuerst da reinrasen in erster Näherung und der wird auseinander fliegen und es wird Trümmer geben und es wird nicht viel passieren.“

Die Angst vor Atomtransporten, wie sie vergangene Woche nach Frankreich rollten, halten Experten für übertrieben. Castoren gelten als terrorsicher. Anders als die Wiederaufarbeitungsanlage, zu der sie unterwegs sind. Die Atomfabrik in der Normandie verarbeitet Nuklearmaterial nicht nur aus Europa, sondern auch aus Übersee. Hier lagern 55 Tonnen des Super-Giftes Plutonium. Die weltweit größte Ansammlung von abgebrannten Brennstäben und atomarem Restmüll. Schon vor dem New Yorker Terroranschlag hatten die Pariser Experten im Auftrag des Europäischen Parlaments die Folgen eines Flugzeugsturzes auf ein Brennstoff-Lagerbecken berechnet
Mycle Schneider: "Wir haben uns im Detail angeschaut was passieren würde, wenn auf ein Abklingbecken genau ein Flugzeug drauf stürzen würde und welche Bereiche in Mitleidenschaft gezogen würde. Es ist zweifelsohne so, dass das mehrdutzendfache an Radioaktivität freigesetzt würde, was bei der Tschernobyl Unfall freigesetzt worden ist, mit den entsprechenden Konsequenzen."

Der radioaktive Niederschlag nach einer Katastrophe in La Hague würde Europas Küstenregionen von Nordfrankreich bis in die baltischen Staaten verstrahlen. Die Betreiberfirma Cogema schätzt das Risiko eines gezielten Terrorangriffs weit geringer ein. Ein Sprecher hält das Sicherheitskonzept von La Hague für ausreichend.

Bertrand Barré , Cogema La Hague: "Diese Becken sind wirklich keine einfachen Ziele. Sie liegen in niedrigen Gebäuden, die versteckt sind zwischen anderen Anlagen und sie sind außerdem sehr gut geschützt. Schließlich müssen wir uns ja auch vor der Radioaktivität schützen."

Seit einigen Tagen gilt in Frankreich höchste Alarmstufe für die Antiterror-Einheit Raide. Doch die martialischen Szenen aus dem Imagevideo täuschen nicht darüber hinweg --- Sicherheit ist derzeit nur auf den Flughäfen zu gewährleisten. Der Schlüssel dazu liegt in massiven Passagierkontrollen. Es darf einfach kein Terrorist mehr in ein Cockpit kommen. Und darin sind sich alle Sicherheitsstäbe in Europa und den USA einig.







Kellerkind Zivilschutz

Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte man sie vergessen. Jetzt werden sie wiederentdeckt: Zivilschutzbunker. Doch die Inspektionen sind ernüchternd. Alte Technik und Platz nur für wenige Menschen. Auch die Planer des neuen Regierungsviertels haben mehr in elegante Fassaden investiert als in moderne Schutzräume im Untergrund. PLANETOPIA mit Momentaufnahmen aus Deutschlands größter Bunkerstadt: Berlin.


http://www.lostplaces.de

http://www.kfs.uni-kiel.de

http://www.bunkerarchiv.de

http://www.bunker-ig.de

http://www.bunker-harnekop.de


Kontakt:
Baudenkmal Bunker Harnekop e.V.
Lindenallee 1
16269 Harnekop
Tel: 03343/635 727



Buchtipp
Dunkle Welten. Bunker, Tunnel, Gewölbe unter Berlin.
Ingmar Arnold, Frieder Salm
Gebundene Ausgabe, 238 Seiten, Links Verlag Berlin 2000
DM 67,98/EUR 34,76
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http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3861531895/qid=1002894955/sr=8-1/ref=sr_aps_prod_1_1/302-4694348-1471248




Berlin, im Herbst 2001. Nichts scheint wie es einmal war. Die Angst geht um vor heimtückischem Terror – Anschlägen, die wie aus dem Nichts kommen könnten. Nach London gilt Berlin als die meist bedrohte Stadt Europas.

Das Gesicht der Hauptstadt wirkt völlig verändert. Schwerbewaffnete Grenzschutz-Beamte beziehen Stellung vor Botschaften und Regierungsbauten. Und aus den Expertenzirkeln im Innern dringt wenig nach draußen.

Zeitenwende. Nach dem Fall der Mauer fühlte sich Deutschland sicher. Beim Regierungsumzug verzichtete man fast ganz den Neubau von Schutzräumen. Nun vermissen die Berliner sichere Fluchträume. Wie im Rest der Republik sind die ABC-Bunker kaum mehr als Relikte des Kalten Krieges.

Wolf Dombrowsky von der Kieler Katastrophenstelle zeichnet ein ernüchterndes Bild der Sicherheitslage.
Dr. Wolf R. Dombrowsky: „Bei großzügiger Zählung hätten ungefähr 3 % der Bevölkerung Schutzraumplatz. Wenn man dann noch Gefahren wie A, B oder C Waffen hinzuzog, dann wären die wirksamen Schutzplätze nur noch bei 0,7 % der Bevölkerung.“

Der U-Bahnhof Siemensdamm. Für die Berliner ist er eine Haltestelle der Linie 7 in Richtung Spandau, für die Katastrophenschützer ist er der größte ABC-Bunker der Stadt.
Wenn die Apokalypse hereinbricht, dann ist es hier unten aus – mit dem ruhigen Zeitung lesen. Gut 4000 Personen könnten dann hier zwei Wochen überleben. So lange kann der Schacht vollkommen von der Außenwelt abgeschottet werden.

Doch der Zivilschutz in Deutschland fristet ein Schatten-Dasein. In ganz Berlin würde noch nicht einmal jeder 100ste Schutz finden. 23 Anlagen für 3,3 Millionen Einwohner. Und noch immer gelten die Einsatzpläne der 70er Jahre. Damals ging man von einem halben Jahr Vorwarnzeit aus. Derzeit prüft das Innenministerium ernsthaft, ob Bunker überhaupt noch für aktuelle Katastrophenfälle taugen. Dabei gelten die 5000 Toten von New York den Experten noch als relativ überschaubares Szenario. Bei einem Einsatz von Hasenpest oder Milzbranderregern drohte ein Vielfaches an Opfern.
Der Schlüssel zum Bunker. Seit fünf Jahren trägt Ingo Schwuchow ihn immer bei sich. Als Bunkerhausmeister sieht er einmal im Monat nach dem Rechten. Er gehört zu den wenigen, die im Katastrophenfall einen klaren Kopf behalten müssen.

Ingo Schwuchow: „Wir befinden uns in den Schleusen an den U-Bahngleisen. Das sind sogenannte Hub- und Schwenktore mit einem Gewicht von 3 1/2 Tonnen. Die werden im Ernstfall hoch gehoben, rübergeschwenkt und über die U-Bahngleise abgesetzt.”

Im oberen Bereich befinden sich hier vier Tore die im Ernstfall abgeschlossen werden. Hier auf der rechten Seite ist eines dieser Tore. Die Klappe wird unten geöffnet, oben geöffnet und dann wird dieses Tor rübergeschwenkt. Wenn diese Anlage geschlossen ist müssen die Leute auch reinkommen und dahinter befinden sich Schleusen.
Dann kommen sie durch diese Schleusen. Diese Schleusen werden so geschlossen, dass immer nur eine Person durchpasst, deshalb hat man sie abgerundet und beweglich gemacht, damit draußen keine Verletzungen entstehen.
Die Einsatzzentrale des Bunkers Siemensdamm. Von hier werden genau 4332 Personen abgezählt, dann ist Schluss.

Ingo Schwuchow: „In dieser Anlage befinden sich dann Leute und zwar vom THW, Techniker vom Rathaus, die diese Anlage bedienen können. Alles andere ist statistisch errechnet worden, dass man aus 4000 Menschen eine bestimmte Anzahl an Ärzten, eine Anzahl an Krankenschwestern und ein bestimmte Anzahl an Mechanikern hat und alle anderen Berufsgruppen hat.”

Statistiken, Hochrechnungen und Planspiele. Einmal im Jahr wird die Anlage zwar technisch überprüft. Doch real ist der Ernstfall noch nie geprobt worden.

Dr. Wolf R. Dombrowsky: „Es gibt Szenarien. Diese Szenarien sind von der Bundeswehr, vom Robert Koch Institut oder von anderen Instituten sehr wohl durchgespielt worden. Es gibt seit langem Warnungen bei der Schutzkommission beim Bundesminister des Innern aber gleichwohl muss man sagen auf diese Dimensionen und diese Geschwindigkeit mit der sich die Dinge ereignen kann sich keine Gesellschaft vorbereiten. Auch ökonomisch nicht, das können wir uns gar nicht leisten.”

Und so tröstet man sich weiter mit 30 Jahre alten Planspielen.

Ingo Schuchow: „Im Ernstfall, wie gesagt, werden hier unten die großen Hub- und Schwenktore geschlossen. Vorher fahren zwei U-Bahnzüge ein. Genauso wie sie es hier sehen. Diese U-Bahnzüge sind dafür gedacht, dass sich die Menschen da reinsetzten können und ihre Zeit da drinnen verbringen können. Alles andere wird mit Betten vollgestellt. Sie müssen sich vorstellen dieser ganze Bereich ist im Ernstfall voll mit Betten auch die Gleisanlagen werden mit Betten vollgestellt.“

Wer Platzangst hat, sollte gar nicht erst reinkommen. Ein Quadratmeter Raum pro Person und dröhnende Luftumwälzanlagen machen den Bunker zum Alptraum.

Ingo Schuchow: „Wenn diese Lüftungsanlage dann in Betrieb ist dann macht sie natürlich auch Geräusche und das hört sich dann so an.“

Nun können sie sich ja vorstellen. Dieses Geräusch und über 4000 Personen. Schreiende Kinder, weinende Frauen, jammernde Männer. Dann ist ein Akustik hier drinnen die einem eigentlich Angst macht. Aber der Mensch will ja überleben und deswegen nimmt er so was wohl in Kauf
Zwischenfrage: Wäre das was für sie, hier unten ?
Ich schließ erst mal diese Anlage auf und warte bis die Leute drinnen sind .... das war es.“

Und wer vertraut schon auf eine U-Bahnstation, wenn er Schutz vor Bio- oder Chemiewaffen sucht? Doch es hat Gründe, warum der Zivilschutz in Deutschland derart vernachlässigt wurde.

Dr. Wolf R. Dombrowsky: „Die deutsche Perspektive während des Kalten Krieges war natürlich sehr problematisch weil natürlich alle wussten, wenn es los geht sind wir ein Schlachtfeld und dann ist alles zu Ende. Deswegen hat man sich auch nicht ernstlich mit Zivilschutz beschäftigt. Und der damalige CDU Abgeordnete hat damals sehr zutreffend gesagt, wir investieren nicht in Friedhöfe.“

Einer dieser „Friedhöfe“ aus dem Kalten Krieg liegt eine Autostunde östlich von Berlin, versteckt in einem Waldstück. Wir fahren nach Harnekop. 20 Meter unter der Erde - der Exportschlager sozialistischer Bunker-Ingenieure.
Drei Stockwerke tief, umgeben von meterdicken Betonwänden – der Führungsbunker der Nationalen Volksarmee. Bis zu 500 Eliteoffiziere hätten von hier aus einen Monat lang in den dritten Weltkrieg eingreifen können. 1976 fertiggestellt, war der Bunker den Nato-Schutzräumen um 10 Jahre voraus. Selbst der Geheimdienst der Bundesrepublik in Pullach wusste bis zur Wende nichts von seiner Existenz.

Ob beim Gang in die Krankenzentrale oder durch einen der langen Flure, der Fussboden federt bei jedem Schritt. Der ganze Bunker ist auf schwingenden Stahlfedern gelagert. Die NVA schaffte einen Prototypen. Auch für die Brudersaaten in der arabischen Welt. Sadam Hussein und Gaddafi sollen sich Bunker dies Typs zugelegt haben. 1990 - vor Beginn des Golfkrieges - entnahmen die Amerikaner Betonproben. Zwar wussten sie nun, wie standfest Sadams Bunker vermutlich war, doch gefunden haben sie ihn bis heute nicht.

Die Soldaten, die hier Dienst taten, waren zum Doppelleben verdammt. Niemand durfte wissen, wo sie arbeiten, nicht einmal ihre Familien. Bis zum Ende der DDR sollten es nicht mehr als 200 Menschen sein, die vom Bunker wussten.

Franz Hecht jun.: „Wir sind hier in einem der Mannschaftsspeiseräume. Die Ausstattung des Raumes ist dem geschuldet, dass die Bediensten hier der Bunkermacke oft erlegen waren, dass also Störungen doch oft auftreten konnten. Und aus diesem Grunde, die doch etwas aufgelockerte Atmosphäre. Das Foto, das wir dahinten sehen, das sind nicht die Alpen, ganz sicher nicht. Das ist ein Foto von den Kaparten, die Soldaten, die hier gegessen haben sollten abgelenkt werden von der Tristheit der ganzen Räumlichkeiten.“

Wir verlassen den Elitebunker der Volksarmee und kehren zurück in die Gegenwart – nach Berlin.
Die Zeichen der Zeit haben sich verändert und gegen Terrorangriffe helfen auch keine 30 Jahre alten Schutzräume. Drohen auch hier Anschläge, die unser Vorstellungsvermögen übersteigen? In Berlin, heißt es zur Zeit, mit Terroraktionen in Deutschland sei nicht zu rechnen. Doch so lange die Militärschläge in Afghanistan dauern, nimmt die Gefährdung etwa durch Bio-Terroristen eher zu als ab.
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Dr. Wolf R. Dombrowsky: „Seit 15 Jahren diskutieren die Experten über solche Szenarien über genau solche Möglichkeiten. Über das Risiko mit Taschenmessern eine Gesellschaft lahm legen zu können. Die Kluft zwischen primitivem und hochentwickelten. Und wenn es dann passiert ist tun alle so, als hätte man vorher überhaupt nicht nachgedacht, als wenn es uns überhaupt nicht treffen könnte. Das ist einfach nicht wahr.“

Mindestens ein Jahr, so rechnen die Katastrophenforscher aus Kiel vor, brauchte Deutschland, um sich halbwegs gegen den neuen Terror zu wappnen.







Terror - Made in Hollywood

Das Desaster der Twin-Towers in New York hat auch Hollywood geschockt. In manch einem Katastrophenepos waren schon Hochhaustürme explodiert. Szenen, die jetzt verschämt wieder aus den Filmen getilgt werden. Doch die Scheu währt nur kurz. Die nächsten Gewaltstreifen waren schon.


Buchtipp
Osama Bin Laden und der Internationale Terrorismus.
Michael Pohly, Khalid Duran
Taschenbuch, 112 Seiten, Ullstein Verlag, erscheint im Oktober 2001
DM 13,57/EUR 6,94
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So könnte die Vorbereitung eines neuen Terroranschlages aussehen. Doch wir haben Glück.
Es handelt sich lediglich um die Dreharbeiten für den neuen Actionfilm „Passwort: Swordfish“:
Der Streifen stellt die tödlichen Ausgeburten eines High-Tech-Terrorismus dar.


„Swordfish“, der seit Juni in den Staaten lief, wurde unmittelbar nach den Anschlägen auf das World Trade Center aus allen US-Kinos entfernt, auch der Deutschland-Start vom 27. September wurde verschoben.
Die Filmindustrie befindet sich in einem schwierigen Konflikt: Denn die aufwendig produzierten Gewaltfilme aus neu entdeckter Pietät einfach einzustampfen, ist schlichtweg unrentabel.

Dr. Marcus Stiglegger: „Von den Firmen wird erwartet, dass sie moralisch Position beziehen und das demonstrieren sie damit. Aber ist auch ein symbolischer Akt, ein Bild, das sie produzieren. Das Bild, wir ziehen das zurück, aufrichtig und moralisch stehen wir dazu, dass das jetzt eigentlich zu viel wäre. Natürlich ist das dann irgendwann nicht mehr zuviel und wird nachgereicht.“

Auch Warner legte nach dem Anschlag von New York weltweit den neuen Schwarzenegger-Film „Collateral Damage“ auf Eis. Aus gutem Grund: Denn wortwörtlich hatte es in den Vorankündigungen geheißen: im Herbst trifft der Krieg die amerikanische Heimat.
Die realen Terrorattacken kamen der Filmwirklichkeit um etwa einen Monat zuvor. Unklar ist, ob der Streifen überhaupt je ausgestrahlt wird.


Selbst die schon begonnene Fortsetzung von „Men in Black“ sowie der bereits in weiten Teilen abgedrehte „Spiderman“ fielen dem New Yorker Post-Trauma zum Opfer. Die Verwendung der alten Skyline von Manhattan verbietet sich einfach in Zukunft. Und die Produktionskosten für Umschnitte explodieren


Denn für die meisten Hollywooddarstellungen gilt durchweg die Devise: Auch jedes noch so kleine Detail muss möglichst real sein.

Dr. Marcus Stiglegger:„Da wir jetzt in einer Zeit, wo durch die digitale Technik quasi alles möglich geworden ist. Wo man fast das Gefühl hat, die Wirklichkeit ahmt die Kunst dann nach, also rein visuell, indem wir dieses Flugzeug sehen, das sich in so einem digitalen Staub in einer digitalen Wolke aufzulösen scheint, was ja dann faktisch passiert, ist die Nähe zwischen digitaler Simulation und dem tatsächlichen Geschehen so nah, dass man natürlich diese Bilder immer als solche Phantome wahrnimmt.“

Das zeigt ein makabrer Vergleich zwischen den Bildern der echten Katastrophe – und den klassischen Hollywood-Desastern.


Ob es sich um den Kollaps eines Hochhauses handelt oder um das Ausradieren ganzer Stockwerke: An die bekannten Horrorbilder aus der Traumfabrik erinnerten sich viele Menschen angesichts der Real-Katastrophe von New York.


Und angesichts weiterer Terrordrohungen werden die filmischen Infernos zu Vorboten unserer eigenen unheilen Wirklichkeit


Auch Gigas Chefredakteurin Miriam Pielhau wurde von der doppelten Explosionsästhetik bei den Anschlägen von New York völlig überrollt.
Noch am selben Tag setzte Giga als einer der wenigen Fernsehsender sein Programm fast komplett aus. Statt dessen trugen sich rund 125.000 Giga-Fans in eine Kondolenzliste ein, die tagelang über den Bildschirm scrollte und anschließend der amerikanischen Botschaft überreicht wurde.
Auch ein Zeichen des Mitgefühls. Noch heute erinnert sich Miriam an ihr ungläubiges Entsetzen über die Schreckensbilder aus Amerika..


Miriam Pielhau: „Während die Kollegen den Satelliten schwenkten, um das richtige Programm zu finden, sind wir an einem Nachrichtensender hängen geblieben, der diese Bilder zeigte. Und ich hab im ersten Moment nur gedacht, das ist nicht wahr, hab' das nicht fassen können, hab' irgendwann einmal gesagt, gut gemacht, Herr Spielberg, und jetzt bitte wieder das richtige Leben."

Da Giga in seinen Sendungen auch häufig PC-Spiele vorstellt, in denen viel herum- und erschossen wird, kam es sogar zur vorübergehenden Absetzung der „Giga Games“.
Miriam Pielhau würde eine solche Sendepause jederzeit wiederholen.

Miriam Pilhau: “In der Sendung Giga Games geht es um PC- und Videospiele. Und wie jeder weiß, gibt es einen großen Anteil an Spielen auf dem Markt, die darin bestehen, dass Gewalt eine große Rolle spielt, und da war das für uns gar keine Frage, dass das aus Respekt und auch aus Verantwortungsgefühl heraus diese Sendung, die sich um dieses Thema dreht vorerst ruht."

Sogar der harmlose Flugsimulator von Microsoft geriet wegen seiner möglicher Kamikazeszenarien ins Zentrum der Kritik und wurde vom Markt genommen..
Statt dessen sind Games wie "Emperor", die durchaus harte kriegerische Elemente beinhalten, scheinbar über jeden bösen Zweifel erhaben.
Der reine Spielescharakter dieser 3D-ähnlichen Schlachtszenarien scheint wohl zu offensichtlich. Kritik richtet sich hier eher gegen die Gestaltung der Spiele-Cover.



In den USA wurde besonders die Verpackung von “Red Alert 2” bemängelt - mit einem brennenden World Trade Center als Hingucker.
Insgesamt hatten die Terroranschläge nur eine sehr geringe Auswirkung auf die Spielewelt von Electronic Arts.

Frank Hermann: „Ja, es gab Spiele, wo sicher ein Hintergrund gegeben war, der nehmen sie zum Beispiel die Skyline von Manhattan, jetzt einfach nicht mehr passend war. Und wo man gesagt hat, gut hier überarbeiten wir das Ganze und ändern das ein bisschen, das war eine Möglichkeit. Wir hatten auch einen Titel, den wir etwas zurückgenommen haben, weil eben der Hintergrund dieses Spiels einfach zu stark in diese Richtung ging und weil wir Rücksicht auch auf die Ereignisse nehmen wollten.“

In diesen krisendurchzogenen Zeiten verkaufen sich unverfängliche Sportspiele wie dieses NHL-Eishockey-Game besonders gut.. Realistische Bewegungen und fotorealistische Elemente wie etwa Spiegelungen auf dem Eis geben eine neue Richtung vor.
Generell wünschen sich viele Computerspieler jedoch ein rasches Ende der selbst auferlegten Trauerphase.

Frank Herrmann: „Ich denke, da gibt es einen Konsens in der Industrie , dass man jetzt wieder doch langsam zum Alltag zurückkehrt, das fordern im übrigen auch die Spieler, wir haben sehr viel Feedback, auch von den Spielern selber, die eben auch sagen, also bei allem Respekt, aber wir denken, dass wir jetzt wieder zurück zu der Normalität, so wie sie vor den Anschlägen war, zurückkehren können, bei allem Respekt für die Opfer der Anschläge.“

Die Welt der Computerspiele wird letztlich so gut wie unverändert den Schockzustand nach den Terroranschlägen von New York überstehen.

Und auch in Hollywood kann es schon bald wieder heißen:
The Show Must Go On.







Geisterfahrt auf der Rollbahn

Passagiere steigen zur Zeit mit meist gemischten Gefühlen in ihre Flieger. Während jedoch terroristische Anschläge selten vorhersehbar sind, müssten Unfälle wie die Nebel-Katastrophe in Mailand mit 118 Toten nicht passieren. Inzwischen mehren sich Hinweise auf schwere Sicherheitsmängel. Während in der Luft High-Tech die Sicherheit überwacht, sind am Boden noch einige Verbesserungen möglich. Neue Sicherungstechniken sollen Unfälle auf der Rollbahn minimieren. Auf dem Flughafen Oslo werden sie bereits eingesetzt – mit großem Erfolg.


http://www.eurocontrol.be




Die Angst geht um - bei vielen, die in diesen Tagen in ein Flugzeug steigen müssen. 118 Tote hat der Crash am Mailänder Airport gefordert. Eine Katastrophe, die sich jederzeit wiederholen kann. Dabei gibt es Kontrollsysteme, um solche Tragödien zu verhindern... Die skandinavische Fluglinie SAS gilt als sehr sicher. Trotzdem endet Flug SK686 im Desaster. Als die MD 87 bei Tempo 300 abheben will, verirrt sich ein deutscher Cessna-Pilot bei dichtem Nebel auf die Startbahn. Er hatte seine Position verwechselt: „Romeo 5“ statt „Romeo 6“...

Luca Squeri, Augenzeuge: “Ich habe einen lauten Knall gehört. Kurz danach stiegen 30-40 Meter hohe Flammen auf und Flugzeugteile sind durch die Luft geflogen. Da war mir sofort klar, dass etwas Furchtbares passiert sein muss.“

Zur Unglückszeit beträgt die Sichtweite weniger als 100 Meter. Der Tower kann die Cessna nicht einmal sehen. Gleichzeitig werden weitere 25 Maschinen abgefertigt. Und das Bodenradar ist seit langem defekt. Es erscheint wie ein Wunder, dass nicht noch mehr Menschen umkommen. Denn statt in einen Gepäckhangar hätte die SAS-Maschine auch in eine Abflughalle schleudern können... Das Risiko ist altbekannt: Geisterfahrer auf der Startbahn hat es auch in Deutschland gegeben. Bisher - Gott sei Dank - ohne große Folgen. Umso mehr beunruhigt die Katastrophe von Mailand auch deutsche Piloten.

Georg Fongern, Pilotenvereinigung Cockpit: „Ein Unfall wie er in Mailand passiert ist, ist überall möglich. Wenn man so etwas ausschließen wollte, würde das an Arroganz grenzen. Allerdings, auf einem Flughafen mit einem arbeitendem Rollradar oder einer Rollführung, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es passiert, viel geringer.“

Moderne Passagier-Jets sind mit effizienter Hightech ausgerüstet – um zu fliegen. Doch am Boden navigiert der Kapitän auch in widrigsten Wetterlagen immer noch mit Hilfe antiquierter Rollkarten.

Georg Fongern: „Nebellagen sind für Piloten immer eine Herausforderung. Nicht nur beim Fliegen, sondern auch beim Rollen. Wenn man erst mal auf dem Boden ist, dann beginnt dieses Gewirr an Rollwegen. Und auf einem Flughafen, wo man sich nicht besonders gut auskennt, ist es schon recht schwierig, und da muss man schon aufpassen wie ein Fuchs, damit man die richtige Kreuzung erwischt. Bei Nebelwetter ist die größte Gefahrenquelle doch noch am Boden. Und das haben wir in Mailand wieder mit Blut, Schweiß und Tränen feststellen müssen.“

Am neuen Flughafen Gardermoen in Oslo wäre ein Unfall wie in Mailand kaum passiert. Die SAS- Homebase gilt in punkto Sicherheit als mustergültig. Als erster Flughafen weltweit arbeitet man hier mit einem visuellen Rollführungssystem. Dabei entfallen für Piloten und Fluglotsen zunehmend die komplizierten Zahlen- und Buchstabenkombinationen zur Rollbahnerkennung. Eine Verwechslung von „Romeo 5“ und „Romeo 6“ wäre in Oslo so leicht nicht passiert. Mit Hilfe zweier Radarsysteme und Licht-Wegweisern können die Lotsen alle Rollbewegungen überwachen - und zur Not eingreifen. Die Piloten werden über Lichtsignale in der Rollbahn sicher geleitet. 17 Millionen Passagiere rollen so jährlich über den drei Jahre alten Vorzeigeflughafen. Unfallfrei! Doch der Navigationsmanager weiß, dass man in der Frage der Sicherheit nie stehen bleiben darf.

Per Ingar Skaar, Flughafen Gardermoen, Oslo: “Das neue Rollführungssystem leistet uns große Dienste. Vor allem die Fluglotsen sind sehr. In der Zukunft haben wir deshalb auch vor, das Rollführungssystem noch weiter zu verbessern.“

Doch das Modell von Oslo ist nicht das einzige Beispiel für mehr Flugsicherheit – am Boden. Auch das deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt hat ein Patent für eine bessere Übersicht auf Großflughäfen entwickelt. TARMAC! Das System zeigt Piloten ihre exakte Position. Eine Art Navigationssystem, wie es auch Autofahrer kennen. Der erfahrene Airbus-Pilot Michael Langer testet TARMAC für Planetopia. Wir wollten wissen: wie gut funktioniert die Rollbahn-Navigation. Eine wichtige Funktion: die rechzeitige Warnung vor Gegenverkehr. Es warnt den Piloten auch, eine Bahn zu benutzen oder zu kreuzen, wenn dort bereits ein anderes Flugzeug rollt. Eine Information, die den fatalen Crash von Mailand verhindert hätte. Testpilot Michael Langer ist beeindruckt von der Leistungsfähigkeit von TARMAC. Die Einschränkungen, die er macht, fallen kaum ins Gewicht.

Michael Langer, Airbus Pilot: „Auf jeden Fall ein System, was eine weitere Hilfe für uns darstellt, gerade bei schlechtem Wetter oder auf großen Flughäfen mit sehr viel Rollwegen und Landebahnen ,denn auf diesem System werden ja auch die Rollwege bezeichnet, wir haben das auf unseren Karten auch drauf, aber hier sind sie auch drauf und man sieht eben auch, im Unterschied zu den Karten, wo man selber eben auch gerade sich befindet, also wenn man sich dann tatsächlich verrollt haben sollte und es gar nicht gemerkt hat und auch sonst keiner gemerkt hat, dann sieht man hier wir sind auf dem Taxiway Echo, statt auch dem Taxiway Bravo. Die Gefahr sehe ich dabei, ganz fasziniert davon sich nur auf diese Bildschirme zu konzentrieren. Beide gucken dann darauf und nicht hinaus und das ist auch nicht gewollt, das darf auch nicht passieren.“

In zwei bis drei Jahren könnten die ersten Systeme serienreif sein. Konkrete Aufträge gibt es noch nicht. Gebeutelt durch die Weltkrise scheuen viele Airlines derzeit die Anschaffungskosten von rund 100.000 Mark je Maschine. Doch TARMAC soll nicht nur Piloten unterstützen, sondern auch Fluglotsen. Damit die nicht den Überblick auf den Rollfeldern verlieren, wenn in den nächsten zehn Jahren die Anzahl der Flüge weiter steigt...

TARMAC stellt allen Entscheidungsträgern an Flughäfen dieselben Informationen zur Verfügung. Der Vorteil: kürzere Rollzeiten, schnellere Abfertigung und damit größere Kapazität. Ob sich das System durchsetzen wird, liegt im Ermessen der einzelnen Flughäfen. Sie müssen abwägen, wie viel ihnen mehr Sicherheit wert ist. In Mailand hätte mehr Überblick auf dem Rollfeld die Katastrophe mit Sicherheit verhindert.

Lotse: „SAS 109 – ready for take off....have a good flight“
Ein Wunsch, der sich für SK 686 nicht erfüllt hat. Hoffentlich lernen die Verantwortlichen daraus.